Band-Info

Nach dem selbstbetitelten Debut von DRAMAMINE 2009 und der »Emphasis«-Single 2010, stellt die mittlerweile fünfköpfige Gruppe dieser Tage ihr neues Album »GREEN HORSE« vor. Dachte man schon beim ersten Release der Münsteraner, sie hätten ihren ganz eigenen Sound gefunden, staunte dann über die in kürzester Zeit gewonnene Reife, die sich in geballter Kraft im Klang der nachfolgenden Single manifestierte, dürften die Hörer heute wohl deutlich überrascht sein, wie die Mittzwanziger 2011 aus ihrer klar gefestigten Anlage erneut so große Schritte in gleich mehrere Richtungen zu unternehmen wissen. Schritte in Siebenmeilenstiefeln, die scheinbar diametral entgegengesetzten Wegen folgen und doch alle nach vorne weisen: »GREEN HORSE« versammelt elf Stücke, die eine mit der Vergangenheit liebäugelnde Idee von Noise mit einem Pop-Appeal zusammenbringen, wie es so noch nicht mitzuerleben war. Mit dem Album schafft sich die Gruppe in dieser Verbindung einen neuen, ausdifferenzierteren und durchweg einladenden Charakter, so dass man sie in ihrem Facettenreichtum näher kennenlernen möchte. Die stärkste Entwicklung geht dabei – neben dem deutlichen Zuwachs im Sound durch die zweite Gitarre – vom Gesang aus: Wirkte es bisher zuweilen so, als sei DRAMAMINE eine Noiserockband, die sich vorrangig durch den Klang und das Zusammenspiel ihrer Instrumente konstituiert, hat Sänger Malle sich seinen Wurzeln durchaus treu bleibend auf weiter Fläche neu erfunden, was den Drang, dem Lockruf aus Verzweiflung und einem dazugewonnenen Optimismus zu folgen, ins Unendliche steigert. Hier hat sich eine Stimme emanzipiert, ist in sich gegangen und nun als Souverän wiedergekehrt. Zwischen abgründigen Tiefen und schwindelnden Höhen lotet sie aus, was ein Organ zu erzeugen im Stande ist.
Ebenso spannend wie diese Entwicklung gestalteten sich auch die Umstände der Aufnahme: Die Band zog sich für zehn Tage in eine alte Fabrikhalle zurück, mitten im Nirgendwo, um dort gemeinsam mit ihrem zur Hausmarke avancierten Produzenten Christoph Bartelt, der in seiner Rolle des überblickenden Masterminds als so etwas wie das sechste Mitglied der Gruppe zu verstehen ist, eine Platte aufzunehmen, die es verbietet, sie in ein Genre einordnen zu wollen. Im dokumentierten Wiederhall der Fabrik, eingefangen mit einem ganzen Bataillon aus Raummikrofonen, ist auch die Atmosphäre des Klangexperiments konserviert worden, so ist die Weite der Fabrikhalle, in der sich der Schall frei und spielerisch ausbreiten konnte, in den eingängigen Stücken nachzuempfinden. Im Tanz einer detaillierten Verspieltheit mit jener klanglichen Vielfalt, die von Musikern dieser Erfahrung vielleicht auch zu erwarten ist, weben sich die Klangtüftler ein Soundgewand, das den Hörer durch den wartenden Winter bringen wird. Und auch das Cover passt zur lückenlosen Ästhetik der Platte: Das organisch wirkende Artwork stammt von Jim Kühnel, dessen reduzierte und kühle Arbeiten in letzter Zeit für eine Hand voll Gruppen aus dem Dunstkreis der Band und ihres Labels THIS CHARMING MAN RECORDS wie zu einer Verbildlichung der Musik wurden.
Deutlich gereift und doch kaum gealtert erschaffen DRAMAMINE mit »GREEN HORSE« so eine Platte, die mit dem Fortlauf ihrer Rille dem Format des schwarzen Vinyls seine Würde zurückzugeben vermag.

Hendrik Otremba