Reviews


Stageload.org 

Musik aus dem Kleiderschrank. Unter dieser Überschrift könnte das neue Album „Green Horse“ der Münsteraner von Dramamine stehen. Die Aufnahmepläne der Band sind nämlich gehörig danebengegangen: Wollte man ursprünglich in einem stillgelegten Kohlekraftwerk aufnehmen, musste man diesen Plan verwerfen und auf eine Lagerhalle ausweichen die – wie sollte es anders sein – voll mit Kleiderständern war. Den Aufnahmen zu „Green Horse“, dem inzwischen dritten Release nach dem selbstbetitelten Debütalbum und der Emphasis 7“, hat es jedenfalls nicht geschadet. Denn schon auf den letzten Releases haben Dramamine den Klang ihrer Umgebung eingefangen und so einen ganz eigenständigen Sound kreiert.Schon der instrumentale, dreiminütige Opener „Cosmogenesis“ legt die Karten offen auf den Tisch: Mal verspielt, mal atmosphärisch und mal gradlinig rockig präsentieren sich Dramamine auf „Green Horse“. Wenn dann die ersten gesprochenen Zeilen des nachfolgenden „Wrong Attempt“ einsetzen befindet man sich mittendrin, mitten zwischen noisigen und melodischen Parts, die immer wieder vom stimmigen Gesang von Sänger Marcel Feige begleitet werden. Wie auch die Instrumente, so zeigt sich auch der Gesang auf „Green Horse“ in verschiedensten Facetten und Klangfarben: Mal ruhig, ja gar fast einschläfert wie in „After All“, mit einem Wink zum Shoegaze, und dann wieder rau und kantig wie in „About You And Me“. Das sorgt nicht nur für eine enorme Abwechslung, sondern auch für eine musikalische Tiefgängigkeit die man so selten zu hören bekommt. Dramamine lassen sich schwer einordnen und wagen den Spagat zwischen Noise, Post-Punk, Indie-Rock und manchmal vielleicht auch klassischem Punk. So abwechslungsreich das auch wirken mag, so schwer zugänglich macht es „Green Horse“ gleichermaßen aber auch.
Schon mit ihrem Debütalbum servierten Dramamine keine leichte Kost, die jedermann mundet und vor allem schnell zündet. Einen Zugang zu finden ist deswegen mit Arbeit verbunden, die sich aber aufgrund der musikalischen Klasse, die hier geboten wird, durchweg lohnt. „Green Horse“ ist von Anfang an ein, wenn auch nicht ganz homogenes Ganzes, ein geschlossener Kreis von Mosaikstücken die sich am Ende zu einem Gesamtbild zusammenfügen, welches sowohl musikalisch wie auch ästhetisch lückenlos überzeugt.
Es wird also dringend empfohlen, sich „Gren Horse“ von Dramamine (die sich ganz nebenbei erwähnt nach einem Medikament gegen Reisekrankheit benannt haben) mehrmals zu Gemüte zu führen, bevor man sich ein Urteil bildet. Nach kurzer Zeit nämlich werden die Nebenwirkungen abklingen und was übrig bleibt ist schlicht Begeisterung.

Visions # 213
Mit ihrer neuen Vier-Track-Single "Emphasis" betonen Dramamine, dass ihr fiebrig pulsierendes Debütalbum kein Zufallsprodukt war. Na gut, die Sache mit dem Hall vielleicht.
Auf der nur als Seven-Inch erscheinenden Single hören wir vier neue Songs, einen neuen zweiten Gitarristen und den gleichen Hall wie auf dem Debütalbum, obwohl die Single in der Hauptstadt aufgenommen wurde. Ihr Debütalbum hatten Dramamine noch in ihrer Heimat, im Münsteraner Proberaum eingespielt. Die Tür hatten sie damals offen gelassen und dem Hall der Flure so den Weg auf die Platte geebnet.
Für "Emphasis" reiste die dank Gitarrist Torben zum Quintett gewachsene Band nach Berlin. Auch im Hauptstadtstudio hallen Dramamine zwischen Wipers-Punk und aufgewühltem Postcore noch nach, wie die kostenlose Kostprobe "30. October" belegt. Produzent Christoph Bartelt hatte die Münsteraner Hallsamples noch auf seinem Computer und konnte sie so in die Großstadt importieren. "Emphasis" ist via Narshardaa Records und mit Sicherheit auch auf den kommenden Dramamine-Konzerten erhältlich.

Intro # 180:
Der Einfluss von Ian MacKaye auf die zeitgenössische Gitarrenmusik ist kaum zu überschätzen. Legion ist die Anzahl der Bands an der Schnittstelle von Post-Punk und Emocore, die sein Erbe aus eckigen Noise-Riffs, klirrend zirpenden Akkordzerlegungen, stoisch stochernden Basslines und kantigen Grooves verwalten.

Auch Dramamine aus NRW tun sich spürbar genussvoll an den bekannten Versatzstücken gütlich, klingen dabei jedoch nur vereinzelt dezidiert wie ein Fugazi-Gedächtnis-Verein. Vielmehr versehen sie ihre zwar liebevollen, aber nie sklavisch dem Original nachempfundenen Interpretationen der Dischord-Essenz mit einer swingenden Quasi-Kaputtheit, die sich vor allem im herrlich dringlichen Gesang manifestiert.
Hektik, Panik und, na ja, Verzweiflung wurden selten überzeugender und emphatischer ausagiert und verleihen den Songs das nötige Quäntchen Spektakel, ohne welches die Musik zwar ruppig und alert, aber eben auch ein wenig gewöhnlich ausfiele. Das lässt sich natürlich als schnöde Zitatensammlung, die zwischen Heldenverehrung und zaghaftem Kaputtklöppeln von Götzenbildern changiert, wegrezipieren. Oder aber man widersteht der snobistischen Tendenz, jede Gitarrenfigur auf Ewigkeitswert abzuscannen, und fasst dieses Album als Update der uralten Aufforderung zum Fist-Raisen auf und dazu, die ganze Scheiße usw. einfach mal in die Negativzone zu imaginieren.

Visions # 204:
Dreckiger Dischord-Postcore aus der angeblich lebenswertesten Stadt der Welt, Münster in Westfalen.
Wer Sänger Malle in Quality Time keifen, wer die Einsamkeit und die Verzweiflung in Dear Visitor hört, der wird kaum an friedfertige, fahrradfahrende Studenten oder den Aasee denken. Benannt nach einem Medikament gegen Reisekrankheit, bleiben Dramamine zu Hause und kennen trotzdem die Symptome, die es laut Bandname eigentlich zu mindern gilt. Schwindel und Kopfschmerzen. Dem Leben sei Dank. Das Quartett kratzt Dreck von der Straße und Geschichten aus den hinteren Ecken der Clubs und Bars, um diese in straffe Zwei,- bis Dreiminütern zu veredeln. Wipers-Punk und Sonic-Youth-Noise treffen auf fieberhaften Sprachgesang á la Robocop Kraus oder Lack. Das Schlagzeug scheppert, die Rhythmen galoppieren, die Gitarren krachen - und Münster kapituliert. 9/12

Westzeit.de

In Münster geht so Einiges in Sachen Punkmusik. Und Dramamine sind die neue Supergroup aus lauter Lokalmatadoren. Ansonsten bei Idle Hands, Press Gang oder Short Fuse in straighter Mission unterwegs, versammelt man sich als Dramamine, um ein paar musikalische Schritte weiter zu gehen. Gleichzeitig aber auch die Uhr zurück zu drehen und am Anfang von Post Punk und New Wave anzukommen. Ihr merkt schon, Dramamine sind auch für Schlaumeier. Können sie aber wunderbar verstecken, denn sie haben ihre sehr direkte Attitüde nicht hinter sich gelassen und man kann sich von ihnen auch wunderbar vermöbeln lassen

independentkicks.de

Yes, geiler Sound, der an die alte Dischord-, SST- oder Touch and Go-Schule erinnert. Ach, was heißt hier "erinnert"? Man könnte Dramamine selbst Kennern locker als eine alte Band, die auf einen der drei Labels veröffentlicht hatte, unterjubeln. Und da steht dann im Pressetext "diese junge Band aus Deutschland" und man wundert sich, wo plötzlich solche Jungs herkommen, die diesen Post-Core Sound so gut hinbekommen
Eine kurze Recherche ergab, dass die Band zwar noch jung ist, die Mitglieder alterstechnisch wahrscheinlich auch noch, aber ganz neu im Geschäft sind sie dann auch nicht mehr. Dramamine rekrutiert sich nämlich aus Mitgliedern der Münsteraner Post-Core-Szene. Jungs von Press Gang und den Idle Hands sind da nämlich dabei. Da sollte einem ja klar sein, wohin die Reise geht. Krachender, verspielter, teilweise melancholischer 80er Hardcore-Punk mit sägenden Gitarren, den die Rites Of Spring und Graymatter damals gespielt haben und der dann später Emo genannt wurde. Supi!

www.tinnitus-mag.de

Dramamine sind ein noch unbeschriebenes Blatt. Das, was sich da aus Bandmitgliedern der Münsteraner Bands Press Gang und Idle Hands entwickelt hat, geht in eine inkonsequent andere Richtung als deren sympathischer Garage-Punk.
Vielmehr drückt sich im selbstbetitelten Debut eine unbedingte Passion für die D.C.-Szene Ende der 80er Jahre bis Mitte der Neunziger aus, der man hier rigoros freien Lauf lässt.
Benannt nach einem bewusstseinserweiterndem Medikament, hören sich Dramamine viel eher nach fundamental realem Aufschrei an. Die Einflüsse sind ebenso real. Es ist definitiv mehr One Last Wish und Embrace denn Rites Of Spring, Fugazi sind als demiurgischer Urknall der Akkord-Zerschrotung samt Popappeal selbstverständlich genauso allgegenwärtig. So findet man sich als Hörer mit Dischord-Kultivierung schnell zurecht im Sound von Dramamine. Man fühlt sich heimisch und verstanden, wenn in Ascensus äußert titelgerecht die Akkordverschiebemaschinerie anschwillt, um dann abrupt in ein Songformat überzugehen, in dem der drängende, ultimativ an oben genannte Bands gemahnende Gesang schnell alle Restzweifel beseitigt:
Hier wird unter vollkommener Eindringlichkeit das gesamte Spektrum an eingekehrter Innerlichkeit, Melancholy-Core, Stakkato-HC und Beinahe-Kaputtheit alles abgedeckt, das den geneigten Ian MacKaye-Jünger schon seit 25 Jahren glücklich macht. Der Bass ist stoischer als Spinoza, das Drumset wird nicht geprügelt sondern dekonstruiert, die Gitarren treiben einem die Verzweiflungstränen in die Augen, wenn man an kontemporären Emocore denkt. Und der Gesang, ja wirklich, man empfindet aufrichtige Empathie mit diesem jugendlichen Verzweiflungsgenöle, das da einem in Hektik und Hatz was erzählt und schließlich explodiert.
Es schwirren einem Bilder im Kopf rum. Zeiten, in denen es noch nicht peinlich war, Mikrofone bis zum Platzen der Halsschlagader ekstatisch rumzuwirbeln, weil man halt sonst echt 'down to earth' war. Demzufolge darf bei Songs wie Hitch, Too Much und vor allem der Stop'n'Go Granate - ich sags nochmal: G-r-a-n-a-t-e - Dear Visitor auch mal richtig schmuddelig gefeiert werden.
Dramamine liefern rein gar nichts neues, aber verdammt gutes Material ab. Man darf guten Gewissens in wütender Nostalgie schwelgen.

musikansich.de
Dramamine hieß einst ein Medikament gegen Reisekrankheit. Spitzfindige Junkies fanden aber schnell heraus, dass es sich auch für andere Zwecke eignet. Die richtige Dosierung führt zu einer Art introvertierten Ekstase. Ob die vier Herren der gleichnamigen Band genau dieses im Hinterkopf hatten?

Gut möglich! Der scheppernde Indierock von Dramamine klingt auf seine Art äußerst emotional, allerdings ohne dies die ganze Zeit offensichtlich mit sich herumzutragen. Vor allem der mit der Zeit etwas nervende Gesang klingt stets zerrissen, wandelt zwischen stakkatohaftem Sprechgesang und melodischer Verzweiflung. Die Musik dazu ist hibbelig und aufgekratzt. Klanglich schwankt man dabei zwischen Pop-Affinität und Untergang, zwischen Minimalismus und triefendem Pathos, zwischen Indie und Postpunk. Klanglich erinnert die noisig, verdrogte Gitarrenmusik von Dramamine stark an den krachigen Sound der frühen 90er, an Sonic Youth und Dischord-Bands.

Das absolut nicht glatt gebügelte Debüt der Band, mit seinem wütenden Geschrammel und den überwiegend hektischen Songs, ist keine wirklich leichte Kost, spricht am Ende aber doch mehr die Gefühlswelt anstatt des Kopfes an. Insgesamt: Undergroundsound für Liebhaber!

borderlinefuckup.wordpress.com
Dramamine sind die Band, die Ian MacKaye gerne auf Dischord hätte! Dramamine kommen aus Münster. Und sie spielen Musik, die in Deutschland keine Basis hat. Ich meine: solche Musik wird ja nicht mal in Amiland angenommen. Dramamine spielen Post-Hardcore der Dischord-Schule und erinnern dabei sehr stark an Fugazi. Aber auch an Drive like Jehu oder die Hot Snakes. Was sie mit all diesen Bands gemein haben, ist ihre verschrobene Spielweise. Hört man kurz rein, möchte man meinen, dass jedes der Bandmitglieder sein eigenes Süppchen kocht. Setzt man sich näher mit dem Album auseinander, merkt man, wie dicht Dramamine als Band agieren. Wie selbstverständlich werden straighte mit noisigen und melodischen Passagen verschmolzen. Typisch für diesen Stil, ist die Rhythmusabteilung sehr dominant. Ob die Münsteraner mal mehr oder mal weniger aufs Tempo drücken: die Songs besitzen allesamt einen mitreißenden Groove. Herausstechen tut auch der herrliche Gesang von Malle. Er schafft es mit seinem nervösen, angeschrägten Gesang sowohl Wahnsinn als auch Traurigkeit und Wut rüberzubringen. Von seinem Stil weicht er aber nicht ab, was sehr beeindruckend ist. Leider liegt dem Vinyl kein Textblatt bei… doch was man so raushört, sind die Stücke überraschenderweise ziemlich persönlich. Am Offensichtlichsten hört man das bei “Unpleasant Affairs” raus, indem Malle singt “you want to talk about love. but i can’t talk about love”. Es sind diese Kontraste, von denen Dramamine leben. Einerseits ist da die Musik, die stumpf gesagt einfach nur cool und abgeklärt rüberkommt. Andererseits sind da diese Texte, der phasenweise sehr emotionale Gesang oder diese hitverdächtigen Melodien. Die, die eigentlich so klein und verschroben sind, aber nach einiger Zeit ihr Hitpotenzial entfalten. Wie im erwähnten “Unpleasant Affairs” oder dem ganz großen “Dear Visitor”. Beeindruckend ist auch, wie vielseitig die Band, trotz vermeintlich kleiner Spielwiese, ist. Neben definierten, hitverdächtigen Stücken wie “Unpleasant Affairs”, gibt es auch abgehaktere Songs wie “Hitch” oder wirklich starke Instrumentals. Jeder Song bietet irgendwas Neues und zeigt, wie experimentierfreudig Dramamine sind. Außergewöhnlich ist z.b. auch “Ease of Mind”, das mit seinem Rockabilly-Charakter an die Zeit erinnert, in der Hardcore/Punk dem Rock’n'Roll noch nahe stand. Das beschwingte “Emptiness” könnte dagegen glatt von The Hives sein, während das famose “Quality Time” fast schon etwas zu stark an die ebenfalls famosen Kenzari’s Middle Kata erinnert. Zwei Seelenverwandte aus Deutschland, wohlgemerkt. So oder so: Dramamine sind ein Segen für die deutsche Hardcore- und Punk-Landschaft. Ihr Debütalbum sei all denen ans Herz gelegt, die immer noch fest daran glauben, wahrer Post-Hardcore sei am Leben. Mit solchen Scheiben dürfen wir uns wieder bestätigt fühlen!
Endlich mal wieder eine Noiserock-Platte. Das Debüt von Dramamine ist irgendwo zwischen den Wipers und Dischord-Records angesiedelt. Von den Wipers hat man sich die Sologitarre abgeguckt, von Dischord den Gesang. Tatsächlich: Man könnte sich vorstellen, dass das Album eine Wiederveröffentlichung eines alten Demos ist. Die Platte hat einen sehr charmanten dumpfen Sound. Wo andere Wert darauf legen, dass die Musik sehr klar rüberkommt, haben Dramamine bewusst einen anderen Weg gewählt. Ein sehr schickes Album. (Sabotage)

www.opak-magazin.de
Sich nach einem Mittel gegen Reiseübelkeit zu nennen, zeugt schon von genug Selbstironie um einen Vorwegbonus zu bekommen. Den haben Dramamine aus Münster aber nicht nötig. Das Debütalbum kommt etwas anachronistisch daher, diese Art noisigen und dennoch straighten Post-Hardcore spielt heutzutage kaum noch jemand, und trotz der Affinität zu 90er-Kram aus der Dischord- und Ebullition-Schule, steht hier der Punkrockfaktor im Mittelpunkt. Das klingt angenehm „un-deutsch“ und rau, und sorgt für eine der Überraschungen der noch jungen Saison.


www.razorcake.org
Holy shitballs. These handsome Germans have just churned out what is perhaps the best record of its kind in a long time. Granted, I’m somewhat partial to Dramamine because I happen to know that these are some seriously wonderful guys (ex-members of Idle Hands, Press Gang, etc.), but there’s something undeniable about a near-perfect fusion of Fugazi/Rites Of Spring passion and Hot Snakes/RFTC minor key melodies and angular swagger. If ‘90s Dischord and/or the Swami Records scene is at all your thing, do yourself a favor and get your hands on this record. It’s so easy to muck up the “revolution summer” sound, but these fellas nailed it. Awesome. –Dave Williams